• Willkommen
  • Zu Besuch bei…
  • Kontakt
  • AGB
  • Impressum
  • Wie kaufen?
  • Wie ausstellen?
  • Bildhauerei
  • Fotografie
  • Keramik
  • Malerei

Atelierbesuch

Ankunft

„Mama, da ist jemand für dich“, ruft das Mädchen mit den großen braunen Augen. Den Schulranzen hat es noch auf dem Rücken. Lächelnd winkt es, ich solle ihm weiter folgen. „Wer ist es?“, höre ich rufen. „Weiß nicht, keine Ahnung“, sagt das Kind.

Neugierig kommt Judith Unfug-Leinhos heran. Ich bin eine gute Zeit vor unserer Verabredung bei ihr in Thamsbrück. Der vorangegangene Termin war schneller erledigt als gedacht. Ein Lächeln macht sich in ihrem Gesicht breit, sie wirft die Arme hoch, läuft eilig auf mich zu, umschlingt und begrüßt mich, als wäre ihre beste Freundin bei ihr eingekehrt. Eine dunkelblaue, mit Farbtupfen bekleckste Latzhose hat sie an, darunter ein leichtes Träger-Shirt. Die schweren, langen dunklen Haare werden von einem schlichten Gummi zu einem Zopf zusammengehalten. „Ich male gerade“, blickt sie erklärend und gestikulierend an sich herunter. Ich stehe noch im pelzgefütterten Mantel da. Draußen ist es an diesem Januartag winterkalt. Während ich noch Jacke und Stiefel ausziehe, wirbelt Judith ihre jüngste Tochter herum, die gerade aus der Schule gekommen war und mich am Eingang traf. „Wie war’s denn heute so?“, will Mutter Judith wissen. „Schön“, quiekt die Tochter und schielt neugierig zu mir hinüber. „Wer ist das“, will sie flüsternd wissen. Ich werde an den großen Tisch im Wohnzimmer gelotst und vorgestellt: Das ist die Journalistin, die über mich schreiben will. Da blickt ein weiteres braunes Augenpaar neugierig auf mich. Es gehört der älteren Tochter, die fast verborgen hinter der Theke zur Küche sitzt. „Was schreibt sie denn?“, will sie keck wissen.

„Es ist Zeit für Euch, Klavier zu üben“, versucht Judith Unfug-Leinhos ihre quirligen Mädchen abzulenken. Aber erst, nachdem der erste Wissensdurst gestillt ist, ein paar Stückchen Kirschkuchen vertilgt sind und ich mich für sie vermutlich als uninteressant herausgestellt habe, willigen die beiden schließlich ein und verschwinden kichernd. In dieser ersten Viertelstunde hat Judith Unfug-Leinhos mindestens noch drei Telefonate entgegengenommen, Kaffee gekocht, einige Pinselstriche am Bild gemalt und bereits die ersten Fragen beantwortet. Dazu nimmt sie Platz am Tisch, stellt ihre große Kaffeetasse, die sonst auf dem Arbeitstisch zwischen Pinseln, Farb- und Wasserbehältern verschwunden ist, vor sich.

Kinder, Kunst und Kunstwestthüringer

Ihre ganze Aufmerksamkeit gehört nun ihrem Gast. Nein, drei Kinder, der Vollzeitberuf als Kunsterzieherin am Gymnasium, neuerdings der Job als Vorsitzende des Vereins Kunstwestthüringer, die Arbeit in weiteren Vereinen und das Malen sind ihr nicht zu viel. „Ich brauche das. Das ist mein Leben“, sagt sie. Müßiggang ist nichts für sie. Untätigsein kann sie nicht ausstehen. Das wäre doch sehr langweilig, rümpft sie die Nase.

Hat sie keine Bange, dass diese viele Arbeit einmal wie eine Woge über ihrem Kopf zusammenschlägt? Dass sie plötzlich keine Zeit mehr findet für eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen, dem Malen? Einer Beschäftigung, über die sie sagt, dass sie diese brauche, um über das Warum, Woher, Wohin zu sinnieren und um ihr überbordendes Temperament zu beruhigen und die ihr über manchen Unmut helfe?

Wieder ein klares Nein. Obgleich, als sie vor einigen Monaten vor die Frage gestellt wurde, den Vorsitz über den Kunstwestthüringer zu übernehmen, habe es schon Momente des Zweifels gegeben, diesen Posten auch noch unter den ohnehin schon vollgestopften Hut zu bekommen. Doch blieb ihr eine Wahl? Mitten in einer Krise steckte der Kunstwestthüringer im 20. Jahr seines Bestehens. Die ständigen Geldsorgen drohten dem Verein die Luft zu nehmen. Die langjährige vereinseigene Galerie in der Kreisstadt Mühlhausen musste bereits aufgegeben werden. Widersprüche innerhalb des Vereins hatten den gerade neu gewählten Vorsitzenden dazu veranlasst, das Handtuch zu werfen. Irgendwer musste den Vorsitz übernehmen, wenn es nicht ganz und gar den Bach hinunter gehen sollte. Sie überzeugte ihre Lehrer-Kollegin und Freundin Juliane Döbel, die Stellvertretung zu übernehmen und sagte dann zu.

Schon nach wenigen Wochen nahm der Kunstwestthüringer wieder Fahrt auf. Möglichkeiten für eine neue Galerie und ein neues Zuhause wurden in Bad Langensalza gefunden, erste Ausstellungen organisiert, Pläne für die Zukunft geschmiedet. „Allein hätte ich es aber nicht geschafft“, baut Judith Unfug-Leinhos weiter auf die Unterstützung ihrer Stellvertreterin und aller anderen Mitglieder im Verein.

Dennoch: Dass der Kunstverein so schnell wieder auf die Beine gekommen ist, bleibt wohl in erster Linie der Verdienst der neuen Vorsitzenden. Neben ihrer künstlerischen Gabe hat sie eine weitere in die Wiege gelegt bekommen: beneidenswerten Charme. Der öffnet ihr Türen, kaum dass sie angeklopft hat. Als erfahrene Lehrerin weiß sie auch, wie Konzepte überzeugend dargelegt werden müssen. So lief sie los, eine neue Zukunft für den Kunstwestthüringer zu erschließen.

Macht so viel Tempo nicht müde? „Manchmal wäre ein Tag auf einer einsamen Insel nicht schlecht“, blickt sie über ihre Kaffeetasse herüber. „Ach nein, das ist zu lange. Ein Nachmittag reicht zum Kraft tanken“, schickt sie lachend hinterher.

Das Atelier

Das großzügige Wohnzimmer mit integrierter Küche ist behaglich. Warme Farben bestimmen das Aussehen: gelb, ocker, orange. Die Wände hat sie selbst verputzt. Auch solche handwerklichen Arbeiten, bei denen man sieht, dass es vorwärtsgeht, liebt sie. Ein Kamin spendet angenehme Wärme. Vor dem Kamin ist so reichlich Platz, dass man ausgelassen tanzen könnte. Aus Lautsprechern ertönt leise Musik. Nichts Klassisches, sondern rhythmisch Rockiges. Irgendeine CD oder das Radio. Eines der für Judith Unfug-Leinhos typischen, farbintensiven Bilder ziert eine Wand. Mein Blick bleibt an einer weniger auffälligen Zeichnung hängen, einem Olivenbaum, der direkt auf die Wand gebannt ist. „Mein Mann hat sich ein Bild von mir gewünscht, das ich nicht weghängen oder verborgen kann“, beantwortet die Künstlerin meine gedachte Frage.

„Wo ist eigentlich dein Atelier?“, bin ich noch weiter neugierig. „Hier“, weist Judith Unfug-Leinhos mit einer leichten Kopfbewegung auf eine großzügige Wohnzimmerecke unmittelbar neben dem Kamin. Eine Staffelei steht neben einem Tisch, der vom Alter her ein Erbstück sein muss. Hundert Jahre hat der bestimmt auf der Tischplatte. Die Platte ist reichlich mit Pinseln, Mischpaletten und Farben gedeckt. Sie liebe es, mitten im Leben zu stehen, wenn sie male, erklärt Judith Unfug-Leinhos ihren ungewöhnlichen Atelier-Ort in dem großen Haus, das sie und ihre Familie bewohnen. Völlig undenkbar sei es für sie, in einem abgeschiedenen Kämmerchen zu arbeiten. Hier, im Zentrum der Wohnung, inmitten des Familienlebens, da fühle sie sich richtig wohl. Außerdem, fügt sie hinzu, habe sie alles im Blick. Damit meint sie wohl vor allem ihre Kinder, wenn diese spielen, Hausaufgaben machen oder ebenfalls malen. „Sie sind begabt“, freut sie sich über das vererbte Talent.

Ein Bild entsteht

„Und sehr kritisch“, fügt sie hinzu. Jedenfalls, wenn es um die Bilder der Mutter geht. Judith Unfug-Leinhos genießt die unverblümten kindlichen und jugendlichen Ratschläge. Solche gab es auch für jenes Bild, das gerade auf der Staffelei steht. Ein Werk, das es eilig hat. Es ist für die erste Ausstellung des Kunstwestthüringers bestimmt, die im Schloss Dryburg in Bad Langensalza stattfindet. Mit neuen Arbeiten aus den Ateliers will der Verein sein Debüt in der Kur- und Rosenstadt geben. Da kann sie als Vorsitzende nicht mit einem betagten Werk ankommen. Arbeiten unter Zeitdruck ist für sie kein Problem. Auch nicht, nur Fünf-Minuten-Weise an einem Bild arbeiten zu können, etwa, wenn die Familie ihre Zeit braucht oder sie beim Essen zubereiten zwischen Küche und Atelier pendelt. Schwupp, ist der Pinsel im Wassergefäß, sind die Hände an der Latzhose abgewischt und die Gedanken auf die neue Aufgabe umgeschaltet. So ist es auch, wenn das Telefon läutet oder es an der Haustür klingelt. Ein Bild kann warten, die Familie, Freunde und Besucher nicht. Kaum steht sie wieder vor der Staffelei, wird der Pinsel angesetzt, als wäre sie nur ein paar Schritte gegangen, um mit notwendigem Abstand die Wirkung des Bildes zu prüfen.

Collagen sind anders

Collagen sind für Judith Unfug-Leinhos Versuchungen, aus scheinbar Nichtigkeiten und Winzigkeiten ein neues Ganzes entstehen zu lassen. Der Reiz liegt für sie darin, in den schier unendlichen Möglichkeiten, Fragmente aus Fotografien, Papieren, Pergamenten, Bildern und anderen Materialien zu einer Bildsprache zusammenzufügen und Dinge zu hinterfragen. Nichts bleibt für sie so, wie es auf dem ersten Blick scheint. „Die Dinge formieren sich in meinen Collagen zu einer neuen Aussage, die zum Umdenken zwingt. Vertrautes wird fremd, Fremdes wird wiederum vertrauter“, sagt Judith Unfug-Leinhos über diese Arbeit.

Bis so eine Collage fertig ist, vergehen mitunter Jahre. Der Entstehungsprozess beginnt mit dem Sammeln von Ideen und Materialien. Irgendwann beginnt das Puzzlespiel am Ateliertisch, die Dinge miteinander zu verbinden, die scheinbar nicht zueinander passen. Mit hohem ästhetischen Anspruch und dem Willen, die Betrachter der Bilder emotional zu berühren, werden sie zusammengesetzt und verworfen und neu zusammengesetzt.

Vierzig Collagen wählte Judith Unfug-Leinhos für ihre erste Personalausstellung mit dem Titel „Entdeckungsreise“ im Stadtmuseum im Augustinerkloster in Bad Langensalza aus. Eine Zahl, die in diesem Jahr eine besondere Bedeutung für die Künstlerin hat. Sie ist seit 40 Jahren auf Entdeckungsreise durch ihr Leben.

Iris Henning

[nggallery id=17]

HAINICH GALERIE

  • Künstler
    • Rüdiger Mußbach
    • Edith Schmidt
    • Ilse Rex-Lenius
    • Ulrich Eifler
    • Ute Zyrus
    • Marion Walter
    • Judith Unfug-Leinhos
    • Olaf Meinel
    • Adelheid Stauch
    • Reinhard Wand
  • Kunst
    • Bildhauerei
    • Fotografie
    • Keramik
    • Malerei
  • Links
    • Jugendkunstschule Mhl
    • Redaktion am Hainich
  • Suche





  • Willkommen
  • Zu Besuch bei…
  • Kontakt
  • AGB
  • Impressum
  • Wie kaufen?
  • Wie ausstellen?

© Copyright HAINICH GALERIE. Alle Rechte vorbehalten.
Design von FTL Wordpress Thema von Smashing Magazine

Nach oben